Internationaler UNESCO-Tag der Muttersprache 2022 an der Alexander-von-Humboldt-Schule

In der Woche vom 21.02.2022-25.02.2022 fanden an der Schule zahlreiche Aktionen und Unterrichtsstunden in allen Jahrgängen zum Thema Muttersprache statt. Eine der Hauptabsichten für das Lehrer-UNESCO-Team, das für den Projekttag konzeptionell, inhaltlich und organisatorisch verantwortlich war, war die Vermittlung des Gedankens, dass jede Muttersprache die gleiche Wertschätzung verdient, unabhängig von geopolitischen und wirtschaftlichen Überlegungen.

Während der ganzen Woche traf man im Schulgebäude auf Schülerinnen und Schüler, die in Sachen Muttersprache unterwegs waren. Einige nahmen Filme auf, andere trafen sich zum Einüben eines Kinderlieds, andere holten Plakate von der Lernwerkstatt und weitere markierte bestimmte Stellen im Außenbereich. Das war kaum zu übersehen und es bot sich nach zwei langen Corona-Jahren endlich wieder das Bild, dass sich die ganze Schule gemeinsam und im Gleichtakt an einem Projekt beteiligt! Eine schulinterne Abfrage über die gesprochenen Muttersprachen an der AvH zeigte, wie breitgefächert das Sprachenportfolio unserer Schülerschaft ist. Für seltene Sprachen wie Twi mussten nicht wenige in Wikipedia nachschauen.

Als Zeichen des Respekts und der Toleranz zueinander stellten die Schülerinnen und Schüler des 5. Jahrgangs und der Intensivklasse ihren eigenen Klassen ihre jeweilige Muttersprache oder Muttersprachen neben der deutschen Sprache vor. Auf Plakaten hatten sie einige Willkommenswörter und Wörter, die ihnen wichtig erschienen, geschrieben und ausgemalt. Schließlich präsentierte jede Klasse auf kurzen selbstgedrehten Videos die Muttersprachen die in ihrer Klasse gesprochen werden.

Im Jahrgang 6 wurde eine musikalische Darstellung der sprachlichen Vielfalt an der Alexander-von-Humboldt-Schule ausgeführt, in der alle Schülerinnen und Schüler eine Strophe des Lieds „Bruder Jakob“ in ihrer jeweiligen Muttersprache mit dem Ziel sangen, eine Videoaufnahme vom ganzen singenden 6. Jahrgang unter strenger Beachtung der Corona-Maßnahmen zu machen. Die Schülerinnen und Schüler sangen in über 10 verschiedenen Muttersprachen (von den mindestens 38 außer Deutsch genannten Sprachen) das weltbekannte Kinderlied auf markierten Sprachinseln im Außenbereich des Schulgebäudes, um dann alle gemeinsam das Kinderlied auf Deutsch zu singen. Einige der Schüler*innen zeigten besonders viel Mut, denn sie mussten nur zu zweit oder zu dritt oder sogar Solo „Bruder Jakob“ in ihrer Muttersprache singen.

Ab Jahrgang 7 reflektierten die jeweiligen Klassen über die Mehrsprachigkeit, indem sie ihre Europa-Portfolio-Ordner bearbeiteten und weitergestalteten. Außerdem machten sie sich über das Kulturgut Muttersprache an sich Gedanken und hielten ihre Gedanken mehrsprachig in verschiedenen Film-oder Audio-Sequenzen fest.

Gibt es eine „richtige“ Darstellung der Erde? Um das herauszufinden, „lasen“ und interpretierten die Schülerinnen und Schüler des 8. Jahrgangs die Weltkarte mit veränderter Perspektive neu. Auf einmal erschien ihnen die Südhalbkugel, die nun „oben“ vorlag, riesig.  Nach dieser „irritierenden“ Sicht auf die Weltkarte sollten sie in Kleingruppen Kriterien für die vermeintlich „fünf besten Länder der Erde“ herausarbeiten. Sofort entstand eine kontroverse Diskussion darüber, warum und in welcher Hinsicht das eine Land „besser“ als andere sei. Die Schülerinnen und Schüler gewannen am Ende die Erkenntnis, dass „besser“ und „schlechter“ keine guten Kriterien zur Beurteilung von Ländern sind und dass es auf die jeweilige Perspektive ankommt, wie wir etwas beurteilen. Die zweite Erkenntnis für sie war, dass Europa nicht Mittelpunkt der Erde ist und, dass es in einer globalisierten Welt wichtig ist, dass Kulturen zusammenarbeiten.

Was hat der Tag der Muttersprache mit Frieden- und Demokratieerziehung zu tun? Eine ganze Menge, denn dort, wo Menschen nicht in Frieden und nicht in demokratischen Systemen leben, wurde und wird ihnen oft der Gebrauch der eigenen Muttersprache verwehrt und verboten. Die Zeit des Kolonialismus und der Globalisierung hat dazu beigetragen, dass sich die „Sprachen des Stärkeren“ oft gegenüber anderen Sprachen behauptet haben. So arbeitete der Jahrgang 9 mit einer Afrika-Karte von 1914, las Texte zum Thema und setzte sich mit den Auswirkungen der Kolonialisierung auseinander. Der Jahrgang 10 setzte gedanklich das Thema vom 9. Jahrgang fort, indem er sich mit der Fragestellung „Warum sterben Sprachen aus?“ auseinander setzte und recherchierte nach aktuell bedrohten Sprachen und nach den Gründen ihrer Gefährdung.

Dass dieser erste Internationale UNESCO-Tag der Muttersprache so gut laufen konnte, ist der herzlichen und engen Zusammenarbeit im Kollegium und dem tollen Engagement der Schülerschaft zu verdanken.

Giovanna Dolfi-Hiltmann